SITUATION #204
Gesichter werden zunehmend zu Waffen. Sie stehen im Zentrum von Abbildungssystemen, die zu militärischen und polizeilichen Zwecken zum Einsatz kommen. So ging die globale Zunahme von Überwachungskameras auch mit dem sogenannten „Face Scraping“ einher – darunter versteht man Online-Technologien, die Millionen von Porträts aus Bildsuchmaschinen, sozialen Medienplattformen und vielem mehr sammeln und diese zum Aufbau riesiger Datenbanken von Gesichtern der Zivilbevölkerung nutzen. Dieser Prozess, der grösstenteils ohne Einwilligung durchgeführt wird, ermöglichte die Entwicklung von Gesichtserkennungssystemen wie Clearwater AI. Dieses System, das weltweit von über 2’200 Strafverfolgungsbehörden eingesetzt wird, wird auch von Regierungen und ihren Exekutivorganen zu Identifikationszwecken bei Protesten und politischen Demonstrationen genutzt.
Die im Auftrag des Fotomuseum Winterthur entstandene Arbeit Paint Your Face Away des japanischen Künstlers Shinji Toya befasst sich mit den Problematiken der Privatsphäre und Überwachung vor dem Hintergrund der Nutzbarmachung von Online-Porträts zur Gesichtserkennung. Die browserbasierte Anwendung ermöglicht es den Nutzer_innen, ihre Porträts digital so zu bemalen, dass sie für Systeme der maschinellen Bildverarbeitung und Überwachung unkenntlich werden. Toyas öffentlich zugängliches Tool fördert den Widerstand gegen die repressive Nutzung von Gesichtserkennung durch die Anonymisierung und Verbreitung von getarnten Selbstporträts, die sich dem Face Scraping zu entziehen vermögen.
Hier geht es zum Projekt: paintyourfaceaway.net
Mehr von Shinji Toya: shinjitoya.com
Mit freundlicher Unterstützung durch Agorama.
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