Auto-Apokalypse: Die Dashcam-Meteore, 2013 12.06. – 27.09.2015 | Fotomuseum Winterthur

SITUATION #10

Meteor or UFO explosion in Russia caught on dashcam, hochgeladen von plushcue, 2013, Courtesy YouTube
SITUATION #10, SITUATIONS/Sehende Maschinen, Ausstellungsansicht Fotomuseum Winterthur, 2015 © Fotomuseum Winterthur

Mit dem Anblick eines flammenden Feuerballs am Himmel, von einer Dashcam durch die Windschutzscheibe aufgenommen, bildete sich in den letzten Jahren ein neues astronomisches Sehen heraus. Ob Meteor oder in die Erdatmosphäre eingedrungener Weltraumschrott, diese apokalyptischen Zufallsbegegnungen werden über das Internet endlos weitergereicht. Manche Ereignisse, wie der Meteor, der 2013 in der Gegend von Tscheljabinsk einschlug, wurden aus mehreren Blickwinkeln aufgenommen, so dass Wissenschaftler sie mehrfach beobachten können. Als Endlosschleife montiert, ist die Beobachtung des Feuerschweifs eines Meteors nicht mehr einfach Glückssache oder ein einzigartiges Zufallserlebnis.

Dashcams wurden in den späten 1980er Jahren, damals noch mit VHS-Technologie, von U.S.-Polizeidepartements entwickelt. Die Zunahme dieser Autokameras ist nicht nur den preiswerteren Flash-Speichern zuzuschreiben, sondern ist auch eine Reaktion auf einen ganz alltäglichen sozialen Verfall und eine zunehmende Gesetzlosigkeit. In Russland sind Dashcams am weitesten verbreitet – eine direkte Folge der alltäglichen Gewalt in den Strassen, aber auch der Inkompetenz und Korruption der Justizbehörden und Versicherungen. Naturwunder und andere Himmelserscheinungen werden ebenso aufgezeichnet wie Autowracks und zerfetzte Körper. In einer Kultur, in der die mobile Privatisierung immer extremere Formen annimmt, werden Dashcams Teil der Überlebensausrüstung.

Mit Dashcams als sehende Maschinen wird das Apokalyptische auf die Erde geholt und das Irdische wird apokalyptisch. Auf Russlands Strassen trifft scheinbar beides aufeinander, ein Hinweis auf die gigantischen Ausmasse der alltäglichen Überwachung.