SITUATION #30
Auf den ersten Blick scheint nichts stabiler als eine fotografische Landschaftsaufnahme – eine mechanische Reproduktion, von der Kamera gerahmt und eingefroren. In ihrer jeweils individuellen künstlerischen Auseinandersetzung mit Landschaft und Natur forderten der britische Bildhauer Richard Long, der amerikanische Künstler Robert Smithson und der holländische Konzeptkünstler Jan Dibbets dieses der Fotografie lange zugeschriebene Wesensmerkmal heraus. Die „Kraft [der Kamera], viele Welten zu erfinden“ (Smithson) war integraler Bestandteil ihrer Konzeptkunst, welche die Fotografie nicht bloss als dokumentarisches Abbild ihrer ephemeren Interventionen in der Natur verstand – die minimalen, oftmals physisch intensiven „land walks“ von Richard Long, oder Smithsons gewaltigere Eingriffe wie Asphalt Rundown (1969) –, sondern als eigenständige Kunstform. Der von Dibbets über die Kamera geführte Dialog zwischen Kunst und Landschaft brach über einfache, perspektivisch verzerrende Operationen mit der Neutralität des dokumentarischen Status und den vermeintlich stabilen Parametern fotografischer Repräsentation – mit einem visuell irritierenden Effekt.
An der Schnittstelle von Bildhauerei, Malerei und Fotografie markieren die Druckerzeugnisse der drei Künstler aus der Sammlung des Fotomuseums einen destabilisierenden Moment in der Geschichte der Fotografie: eine Phase der 1960er und 1970er Jahre, in der die konzeptuelle Kraft der Fotografie entfesselt wurde – und damit auch Fragen über die Natur des Mediums und des Kunstobjekts, die heute noch Geltung haben.
Mehr von Richard Long: richardlong.org
Mehr von Robert Smithson: robertsmithson.com
Cluster: (in)stabil