Tauben-Fotografie, Adrien Michels Luftaufklärungsapparat, Ende 1930er Jahre 12.06. – 27.09.2015 | Fotomuseum Winterthur

SITUATION #14

Taube mit Kamera, Ende 1930er © Nachlass Michel/Schweizer Kameramuseum, Vevey

Zwei Jahrzehnte nach Erfindung des Mediums war es der Fotopionier Nadar, der 1863 in einem riesigen Ballon mit eingebauter Dunkelkammer über die Dächer von Paris flog und unter Spektakel die ersten Luftaufnahmen anfertigte. Andere „Aeronauten“ wie Eduard Spelterini sollten schon wenige Jahre später folgen. Ende der 1930er Jahre war es dann der Schweizer Feinmechaniker Adrien Michel, der eine für damalige Verhältnisse sehr leichte und kleine Tauben-Kamera als Prototyp für die militärische Luftaufklärung entwickelte. Seine Idee war simpel: Hinter der feindlichen Linie ausgesetzt sollten die trainierten Brieftauben in ihren Schlag zurückkehren, wobei eine Zeitschaltuhr die präzise Taktung der automatisierten Bilderzeugung vorgab. Die tierischen Flugobjekte brachten auf 16mm-Rollfilm fotografische Aufnahmen mit Informationen hervor, die wichtige Entscheidungshilfen für die Armee bieten sollten. Die wackligen und mitunter verrückten Aufnahmen faszinieren heute vor allem als visuelles Erlebnis und sind Vorboten einer sich im 21. Jahrhundert explosionsartig ausbreitenden Luftbildästhetik.