The Otolith Group | Nucleus of the Great Union | 2017 23.02. – 02.06.2019 | Fotomuseum Winterthur

SITUATION #167

Nucleus of the Great Union, Screenshot, Video, 32:36 Min., 2017 © The Otolith Group/LUX Distribution
The Otolith Group, Nucleus of the Great Union, 2017, SITUATION #167, SITUATIONS/Foto Text Data, Ausstellungsansicht Fotomuseum Winterthur, 2019 © Philipp Ottendörfer
The Otolith Group, Nucleus of the Great Union, 2017, SITUATION #167, SITUATIONS/Photo Text Data, installation view at Fotomuseum Winterthur, 2019 © Philipp Ottendörfer

1953 reiste der renommierte afroamerikanische Schriftsteller Richard Wright an die Goldküste, um die erste sozialistische Massenpartei Westafrikas, Kwame Nkrumahs Conventions People‘s Party, auf ihrer Kampagne für die Unabhängigkeit von der britischen Regierung zu begleiten. Black Power: A Record of Reactions in a Land of Pathos (1954), Wrights kritischer und ebenso persönlicher Bericht über diese erste direkte Begegnung mit dem afrikanischen Kontinent, war ursprünglich als ambitionierter Foto-Text konzipiert; Wright schoss dafür auf seiner zehnwöchigen Reise über 1'500 Fotos, die allerdings unveröffentlicht blieben und heute zu einem grossen Teil digitalisiert an der Yale University gelagert sind.

Für Nucleus of the Great Union hat das Londoner Künstler_innenkollektiv The Otolith Group Wrights Fotoarchiv sukzessive erschlossen, um es anschliessend auf dem Computer-Desktop neu zu verhandeln – jener Kulturtechnik, mittels welcher Informationen heutzutage gespeichert, archiviert und geordnet, durchsucht und konsumiert, recherchiert, verarbeitet und schliesslich in geordnetes Wissen überführt werden. Die Arbeit lotet das Potenzial wie auch die Gefahr aus, den digitale Archive für den Zugang zu und die (Re-)Konstruktion von historischem Material bieten, und stösst durch die Spannung zwischen sich überlagernden Bild-, Text-, Sound- und Videoelementen eine kritische Reflexion über die Wissensbildung im digitalen Zeitalter an. Durch zahlreiche Neu-Konstellationen der historischen Quellen und der Herstellung von Querverbindungen wird Black Power als „eine Ästhetik der Spionage“ erfahrbar, die „aus Standbildern mit schwebenden Bildunterschriften zusammengestellt wurde“. Nicht zuletzt macht die Arbeit durch die Einblendung von Gedichten, Augenzeugenberichten und historischem Bildmaterial politischer Ereignisse nicht nur die Spannungen und Ängste spürbar, die mit dem politischen und kulturellen Umbruch der Goldküste als britische Kolonie hin zur Unabhängigkeit der Republik Ghanas einhergingen, sondern zeugt auch von einer kreisenden Suche nach historischer Wahrheit.


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