SITUATION #46
Im Netz zirkuliert eine unüberschaubare Masse von Bildern und Videos, die von Privatpersonen durch Uploads im Sekundentakt ergänzt werden. Die Teilnahme an diesem Informationsaustausch bedeutet nicht selten eine Präsentation der eigenen Individualität und Preisgabe von Intimität, vor welcher sich fremde Nutzer_innen später konfrontiert wiederfinden. Gerade wenn Haustiere die Bühne des Internets betreten, geben die witzigen oder süssen Videos oftmals einen tiefen Einblick in das häusliche und private Umfeld des Menschen. Gleichzeitig wird die ursprüngliche Kluft zwischen Naturzustand und Zivilisation zusehends kleiner, das Tier gerät immer mehr ins Blickfeld anthropomorpher Anschauungsweisen.
Das Werk des weiblichen Kunstkollektivs NEOZOON konzentriert sich auf diese Schnittstelle zwischen Mensch und Tier. MY BBY 8L3W kombiniert mehrere Amateurvideos von Haustierbesitzerinnen, die auf YouTube veröffentlicht wurden. Ausschliesslich Frauen präsentieren hier ihre Hunde und Katzen der Internetcommunity und bezeugen vor laufender Webcam ihre Liebe zu diesen. Mutter-Kind-Assoziationen treten nicht nur über soziokulturelle Körpertechniken und gleichgeschaltete Handlungsmuster deutlich hervor, sondern werden auch explizit geäussert. NEOZOON gelingt es, aus Fragmenten eine kohärente Erzählung zu erschaffen, die Handlungspraktiken moderner Gesellschaften über deren Selbstinszenierung im Netz entlarvt. Eine ironisierte Betrachtung bleibt unvermeidbar.
MY BBY 8L3W wurde auch an den Internationalen Kurzfilmtagen Winterthur als Teil des Programms Post-Internet I: Our Fetishistic Relationship with Technology gezeigt, am 10. November 2016, 22.30 Uhr.
Mehr von NEOZOON: neozoon.org
Eine Kooperation mit den 20. Internationalen Kurzfilmtagen Winterthur.
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