Fotostiftung Schweiz | Samstag, 28.02. – Sonntag, 14.06.2026

Frauen. Fragen. Fotoarchive.

Die Fotografiegeschichte der Schweiz war lange Zeit vor allem eine Geschichte männlicher Fotografen, überliefert aus männlicher Perspektive. Von den rund 160 Archiven in der Fotostiftung Schweiz sind nur 26 Archive weiblichen Fotoschaffenden zuzuschreiben. Diese Archive sind so unterschiedlich wie ihre Autorinnen und deren Biografien: Manche Lebenswerke weisen Brüche auf, andere zeigen eine klare Entwicklung. Obwohl sich einige Bildautorinnen in einem männlich dominierten Berufsfeld etablieren konnten, standen sie oft im Schatten ihrer Kollegen, Lehrmeister und Ehemänner. Auch privilegierte Amateurfotografinnen, die ohne ökonomischen Druck technisch versierte Bilder und eindrucksvolle Zeitzeugnisse schufen, blieben am Rande der Geschichtsschreibung der Schweizer Fotografie.

Die Ausstellung Frauen. Fragen. Fotoarchive. rückt sieben Archive aus der Zeit von 1900 bis 1970 in den Fokus. Ein Kollektiv von Kuratorinnen der Fotostiftung Schweiz untersucht dabei die Besonderheiten und Gemeinsamkeiten der Archive sowie die Arbeitsbedingungen dieser Autorinnen. Inwiefern war Fotografin ein Frauenberuf? Wie beeinflussten vorherrschende Rollenbilder, ökonomische Strukturen oder familiäre Verpflichtungen die Tätigkeit und die Anerkennung der Fotografinnen? Wie spiegeln sich solche Bedingungen in ihren Archiven, und warum waren diese bisher so wenig sichtbar? Und wie kann mit Lücken in den Archiven und Sammlungen der Fotostiftung Schweiz umgegangen werden?

Anny Wild-Siber (1865–1942) eignete sich als Amateurfotografin frühe farbfotografische Verfahren wie die Autochrom- und die Uvachrom-Technik an. Auch die für die piktorialistische Bewegung typischen Edeldruckverfahren verwendete sie, um ihre Landschaften und Stillleben zu produzieren, die sie bei internationalen Wettbewerben und Fotosalons einreichte.

Gertrud Dübi-Müller (1888–1980) führte als wohlhabende Frau ein selbstbestimmtes Leben. Sie machte sich einen Namen als Kunstsammlerin und Mäzenin, aber auch als Fotografin von Ferdinand Hodler und Cuno Amiet. Ausserdem dokumentierte sie mit ihrer Stereokamera Bergtouren, das gesellschaftliche Leben und die Grenzbesetzung 1914.

Marie Ottomann-Rothacher (1916–2002) war nach ihrer Lehre im Fotoatelier von Heiri Steiner und Ernst A. Heiniger angestellt und arbeitete an ihren freien Wochenenden an Reportagen für Pro Juventute. Auch ihr Familienleben hielt sie fotografisch fest. Ab 1957 war sie als Assistentin in verschiedenen Ateliers tätig.

Margrit Aschwanden (1913–2004) stammte aus einer Urner Fotografenfamilie und schloss 1936 die Lehre bei ihrem Bruder ab. 1941 absolvierte sie die Meisterprüfung an der ETH. 1944 fotografierte sie für die Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes Kinderheime in Frankreich, bevor sie zusammen mit ihrer Schwester ein Fotoatelier in Flüelen eröffnete.

Hedy Bumbacher (1912–1992) studierte Geschichte, Psychologie und Biologie in Zürich, Rom und Göttingen und belegte anschliessend einen Fotografiekurs an der ETH Zürich. Von 1937 bis 1945 arbeitete sie als freie Fotoreporterin für Pro Juventute. Ihre Aufnahmen aus Schweizer Bergdörfern dienten als Bildmaterial für den Anbaufonds und die Berghilfe.

Leni Willimann-Thöni (1918–2002) schloss die Fotoklasse an der Züricher Kunstgewerbeschule 1940 ab und arbeitete ab 1941 mit ihrem Mann, dem Typografen Alfred Willimann, zusammen. 1960 erschien das Buch «Muscheln. Ein Wegweiser zu ungeahnten Sammlerfreuden» mit ihren Fotografien, die vom Stil der Neuen Sachlichkeit geprägt sind.

Anita Niesz (1925–2013) besuchte in den 1940er-Jahren die Fotoklasse an der Zürcher Kunstgewerbeschule und veröffentlichte ihre Fotoreportagen ab 1949 in der Schweizerischen Monatsschrift Du. Sie war interessiert an der Begegnung mit Menschen und schätzte die Arbeit für Einrichtungen wie die Schweizerische Flüchtlingshilfe und Pro Infirmis.