Bertien van Manen – Hundert Sommer, Hundert Winter
Sechzehnmal ist sie durch die ehemalige Sowietunion gereist, hat dort gelebt und dabei fotografiert, was ihr begegnet ist: postsowjetischer Alltag. Bertien van Manen ist aber nicht distanzierte Bildberichterstatterin geblieben, sie hat sich in Moskau, St. Petersburg, Rostock, Novosibirsk, Odessa, in Kasachstan, Usbekistan, Moldawien oder Georgien auf die Menschen eingelassen. Sehr direkt, aber nie zynisch erzählt die holländische Fotografin mit ihren Farbbildern Geschichten von Freundschaft und Liebe, Freude, Schmerz, Alter, Einsamkeit und Tod. Kommunalwohnungen, Möbel und Tapeten, Geschirr, Kleider, Blumensträusse, Krimskrams, Kofferradios und Fernseher spiegeln die Lebensbedingungen wieder. Die Fotografien der Intérieurs und ihrer Bewohner sprechen von Armut und zugleich vom Versuch, in Würde zu leben.
Bertien van Manens Arbeitsweise, der fotografierten Szene eine eigentümliche Farbigkeit abzugewinnen, spitzt die Aussagekraft der Gegenstände – einer Bettdecke oder bereitgestellten Essens – dramatisch zu. Damit hebt sich ihre Reportagefotografie von den meisten journalistischen Arbeiten deutlich ab: Bildaufbau oder Farbigkeit dienen nicht einer unsinnigen Ästhetisierung eines schwierigen, im bestem Fall unspektakulären Alltags, sondern sind direkter emotionaler Ausdruck des Erlebten.
Die Ausstellung wurde von Urs Stahel kuratiert.